Den Vorurteilen auf der Spur: Leichtwind und Wiederstartbarkeit

29.01.2019

Dass Matten an Leichtwindtagen meist die einzigen Kites am Himmel sind, ist den meisten sicher schon aufgefallen. In den meisten Hydrofoil-Videos, wo die Jungs bei spiegelglattem Wasser mit ordentlich Geschwindigkeit über den See heizen, sieht man als Kite einen hoch gestreckten Softkite. Doch warum ist das so?

Nachdem wir in den ersten beiden Beiträgen bereits uns über die Konstruktion der Softkites und ein wenig den theoretischen Hintergrund gelernt haben, gehen wir jetzt ins Detail. Ich werde es dennoch vergleichsweise einfach halten, um auch später ggfs. nochmal darauf aufbauen zu können.

Also, warum fliegen diese Matten bei praktisch-kein-Wind?

Zuerst müssen wir uns vor Augen führen: Je "schöner" eine Strömung um ein Hindernis herum strömt, desto besser. Bei den Softkites prallt der Wind (oder auch Luftströmung) auf die LE (Leading Edge/Anströmkante), wird geteilt und über das Ober- oder Untersegel geleitet. Da die Softkites in der Regel keinerlei "Hindernisse" auf den Segeltüchern haben, kann die Luftströmung fast ungestört den Kite passieren und an der TE (Trailing Edge/Abströmkante) mit der jeweils den anderen Weg genommenen Strömung "fusionieren". Stellen wir uns jetzt hingegen einen Tubekite vor, so kann die Strömung auf dem Obersegel sauber über das Tuch hinweg strömen, aber auf der Unterseite wird durch das fehlende Segel die Luftströmung verwirbelt (quasi in den "Hohlraum" hinter der Tube hineingezogen). Das stört die saubere Strömung und bremst den Kite, was logischerweise Leistung/Gleitzahl kostet.

Des Weiteren sind Matten, selbst die "klobigsten" Modelle, genauso bzw. höher gestreckt als die "High Performance" Tubekites (z.B. Slingshot Turbine, Ozone Edge, Flysurfer Boost, Duotone Rebel, etc.). Mit einem hohen AR (siehe Tech-Talk 1) gehen einher: hohe Gleitzahl, größeres Windfenster und damit verbunden besseres Höhelaufen, mehr Hangtime und mehr Kraft pro Fläche bzw. höherem Auftriebsbeiwert. Jaja, viele Dinge, einfach zusammengefasst: Mehr Leistung und mehr Spaß.

Vom Materialgewicht sind Matten natürlich auch leichter als ein Tubekite, und was leicht ist, fliegt früher. Kombinieren wir das Softkitesystem nun mit einem Hydrofoil, so sind schon sichere Fahrten bei unter 6kn möglich. 6 Knoten? Richtig, da fliegen die meisten Tubekites nicht mal, backstallen, oder fallen plötzlich einfach vom Himmel.

Damit ist jetzt zumindest schonmal geklärt, warum die Mattenkiter immer so gestichelt werden, es ist einfach purer Neid! 😊

Aber damit nicht genug, immer öfter sieht man auch 12qm große Softkites auf dem Wasser, deren Fahrer springen recht hoch - und lange. Sehr lange. Sehr sehr lange. Ach ja, und machen Tricks. Rotationen, Boardoffs. Sieht schon gut aus, besonders bei den Winden, wo noch Touristen an den Spots die tollkühnen Stunts bestaunen dürfen. Klar, Mattenkiter sind Poser! Aber mal ehrlich, wer wird nicht gerne bestaunt? Und wenn man durch lange Hangtimes die Tricks viel leichter erlernt, dann kauft man sich doch auch eine Matte. Besonders, wenn es mittlerweile Produkte gibt, die fast schon idiotensicher sind. Und wenn man schon kiten kann, während die anderen noch am Strand stehen, erhöht man seine kitebaren Tage drastisch.

Doch bei allen Vorteilen gibt es auch Nachteile des Konzepts Softkite. Diese treten besonders bei stärkeren Winden (25+ kn) zu Tage. Hier liefern die Softkites nach wie vor deutlich größere Hangtimes und Leistung ab, doch beginnt auch hier der Bereich, wo das Ausflattern des Tubekites als Sicherheitsreserve gebraucht werden kann, da der Wind häufig nicht gleichmäßig, sondern eher böig und löcherig ist. Auch im Falle einer Auslösung lässt sich ein Tubekite doch noch immer leichter wieder aus dem Wasser starten, bei Softkites muss da immer etwas mehr Zeit veranschlagt werden. Klar, auch bei moderaten Winden ist das so, jedoch sind da die Bedingungen weniger kritisch. Bei Leichtwind (unter 10kn) lassen sich Tubes nur schwerlich aus dem Wasser schälen, während Softkites über das Ziehen und Halten beider Steuerleinen (Rückwärtsstart) aus dem Wasser wiederstartbar sind. Ich persönlich besitze einen 9qm Softkite und einen 10qm Tubekite und möchte bei böigem Wind und/oder kabbeligen Wasser diesen nicht missen wollen.

Einzig allein die Waagekonstruktion mit ihren gefühlt unendlichen Metern Leine ist etwas, was den Kiter jetzt entmutigen könnte. Aber dazu gibt es auch noch einen Beitrag.

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