Kite"Größen" und ihre Zusammenhänge

30.01.2019

Oftmals stellt sich mir die Frage, wie ich meine Range Softkites gestalten will/soll. Euch geht die Frage vermutlich auch durch den Kopf. Deswegen will ich an dieser Stelle mal auf die Range-Aufstellung mit Softkites eingehen. Dazu habe ich über die Jahre ein paar "pi mal Daumen" Faustregeln gefunden.
Bei "normalen" Lenkmatten gibt es die Kite+Wind=7 Regel; also ein 5qm Kite "Fixed Bridle" lässt sich bei 2Bft gut fliegen; ein 1qm Kite bei 6 Windstärken ist auch noch sicher. Doch gibt es sowas auch beim Kiten?

Jain. Beim Kitesurfen spielen so viele Parameter rein, sodass man da entweder einen hochkomplexen Algorithmus (Algo-was? Kann man das Essen?) erstellen muss, oder aber einfach ein gewisses Gefühl dafür bekommen muss. Herstellerangaben sind nicht selten Bereiche, die vollkommen utopisch erscheinen.

Um es aber möglichst einfach zu halten: Die gewählte Kitegröße hängt von einigen Faktoren ab. Diese sind: Körpergewicht (kleines Auto, kleiner Motor - großes Auto, großer Motor), Boardart (und damit verbunden der Widerstand im Wasser; ein Hydrofoil hat deutlich weniger Bremswirkung als ein kleines TT), die Gleitzahl (wie "effizient" ist der Kite), Länge der Flugleinen (lange Leinen = großes Windfenster) und natürlich die Windstärke (je mehr Wind, desto weniger Segelfläche ist empfohlen) sowie eben auch die individuelle Könnenstufe. Doch wie hängen diese Größen jetzt physikalisch zusammen? Das wollt Ihr wirklich wissen? Physikvorlesungen finden in der Vorlesungszeit regelmäßig statt, wir sehen uns!

Nein, mal ernsthaft. Für den mathematisch/physikalischen Zusammenhang interessiert doch nur der Typ "Der Pumper" (aus diesem Beitrag , sehr lesenswert). Wir wollen doch einfach nur GEIL kiten gehen und am Ende vielleicht Zusammenhänge verstehen. Daher mal ganz einfach: Es kann mir keiner erzählen, er (80 kg Kampfgewicht) hätte mit einem 15qm Allroundsoftkite bei 8kn mit seinem 135cm langem TT- schon mega gut Höhe laufen können. Aber der Hersteller sagt doch, dass mein 15er bei 8kn geht?! Ja klar! Nimmst Du ein Hydrofoil Board liegt die Gleit-/Fahrtgrenze quasi bei der Windstärke, wo der Kite stabil fliegt (meist so bei 4-5kn). Je nach Gleitzahl des Kites und Eigengewicht kann die Grenze also nach oben oder unten minimal verschoben werden. Nimmst du dir jetzt eine Door mit 160-170 cm Länge, wirst du auch bei den 6-8kn sicher fahren können, aber ob das GEIL ist? Ich weiß ja nicht. Ich persönlich habe keine Door, mir reicht mein 135cm TT. Warum? Dazu später mehr.

Ach ja, da war ja noch was. Die eigene Plauze. Die muss ja auch noch betrachtet werden in der ganzen Rechnung. Aber dafür habe ich mittlerweile eine gute Faustformel gefunden: man nehme die realistische Kitegröße für 70kg Körpergewicht, für alle 10kg mehr nehme man etwa 2qm mehr. Wenn also der 70kg Spargeltarzan bei 8-10kn mit einem 15qm Racekite Höhe laufen kann, dann kann der 90kg Luxuskiter mit einem 19qm Racekite (idealerweise gleiches Modell) ebenfalls fahren. Und der Muskelprotz oder Foodlover mit seinen 120kg Gewicht? Sorry Bruder, Leichtwind ist nichts für dich, entweder du nimmst ein Foilboard oder machst Fotos.

Also wir sehen: Das Gewicht allein ist schon ein gravierender Faktor, dazu kommt noch das Board und eben auch das Kitemodell. Wie Ihr einschätzen könnt, ob der Kite nun zu den Kites mit sehr hoher Gleitzahl (meist nur Racekites mit extrem hohem AR, etwa 8+), hoher Gleitzahl (relativ hoch gestreckte Kites), oder eben den Allroundern mit gemäßigter Streckung gehört, könnt ihr im Tech-Talk 1 nachlesen.

Nun aber zurück zum eigentlichen Problem: Man kann die Kites untereinander nur anhand ihrer physikalischen Merkmale (Gleitzahl) unterscheiden/vergleichen, oder aber ihr Handling vergleichen. Eine möglichst objektive Vergleichsmöglichkeit gibt es für den Leichtwindbereich nicht, wollt Ihr hier vergleichen, so müsst ihr alle der Faktoren berücksichtigen. Dazu soll es auch hier nochmal zwei Beispiele geben:

  1. Kitegröße bei konstantem Gewicht und kleinem TT: Will ich möglichst früh los kommen, brauche ich einen großen Kite mit möglichst hoher Gleitzahl. Hat der Kite diese Gleitzahl nicht, so muss ich ihm ein paar Qm mehr spendieren, noch längere Leinen dran machen, oder einfach tatsächlich das Board wechseln. Heißt aber im Umkehrschluss auch; bin ich einen bisher großen Kite mit (für neue Kites am Markt verglichen) "normaler" Gleitzahl (z.B. 21 qm Flysurfer Speed3) geflogen, so kann ich mit der Anschaffung eines Kites mit höherer Gleitzahl ein paar Qm Segelfläche einsparen (z.B. einen 15/18er Flysurfer Sonic).
  2. Konstante Kitegröße bei variablem Board: Ist für mich klar, dass ich bei unter 12kn foilen möchte, kann ich mir noch mehr Qm Segelfläche einsparen, da die Grenze für den stabilen Stand im Zenit ("Fluggrenze") quasi fixiert ist. Und auf dem Foil komme ich so früh ins Fahren, dass ich da auch keinen großen Kite brauche.

Wir merken uns also: Je höher die Segelfläche, höher die Gleitzahl, niedriger die Bremswirkung des Boards und niedriger das Körpergewicht, desto früher komme ich los. Dazu kommt dann theoretisch noch die Faktoren der Strömung und Leinenlänge, aber das macht es nur komplizierter. Erhöht/erniedrigt man einen der Faktoren, verändert sich direkt das Lowend. Betrachtet man dabei dann noch kurz das Highend, also der Bereich, wo der Kite "zu groß" wird, ist es genau andersrum: Je kleiner die Segelfläche, kleiner die Gleitzahl, größer die Bremswirkung vom Board und größer das eigene Körpergewicht, desto länger kann man sicher kiten gehen.

Kommen wir nochmal zurück auf den Leichtwindbereich. Ich komme so mit allem Neoprenkrams und so auf etwa 80kg Kampfgewicht (ist ja auch jahreszeitenabhängig, Weihnachtsspeck vs. Bikinifigur). Mein größter Kite ist ein 18qm Softkite, mit relativ hoher Gleitzahl. Wenn man die Racekites mit einer (unbezahlbar teuren) Sportlimousine vergleicht, so ist mein Kite die (bezahlbare) sportliche Familienlimousine. Also gut was unter der Haube, aber eben noch nicht maximal effizient. Muss ja auch nicht sein, denn: Wenn die Windvorhersage 6kn ausspuckt, dann ist am Spot davon meist ein Gemisch aus 4-8kn zu verzeichnen... 4kn? Da brauche ich ein Foil. 8kn? Würde Spaß machen können. Das heißt, der Wind springt die ganze Zeit von "zu wenig" auf "bestimmt schon ganz spaßig". Und wenn der Wind dann mal ganz kurz aussetzt, so gleitet das Foil zumindest noch etwas weiter, aber das Twintip säuft sofort ab, und mit mir der Kite. Na klasse, Schwimmeinlage mit Kite. Deswegen sage ich mir: ich kann mit meinem 18er ab 10kn sehr sicher mit genügend Power für auch erste Tricks fahren, habe auch Sicherheitsreserven nach unten, und habe Spaß. Je weiter ich jetzt diese Grenze durch "bessere" Boards drücken will, was mir zweifelsohne auch gelingen würde, so ist das Risiko einer Schwimmeinlage deutlich erhöht. Dann kann ich auch direkt schwimmen gehen. Und dann kann ich ja immer nochmal mir ein Foilboard unterschnallen, wo ich dann meine Grenze auf 6kn hinabsetze (immer noch 2kn über der Fluggrenze).

Damit es auch nochmal spannender wird: Ein kleiner Edit vom Leichtwindkiten.

PS: Falls sich jemand findet, der einen Algorithmus schreiben will, oben ist mein Kontaktformular!

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